Kuala Lumpur

Viel mehr als nur die weltberühmten Zwillingstürme. Zwischen Ursprünglichkeit und Megacity, zwischen Tradition und Moderne. Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur hat mich im Sturm erobert.

Meine Reise nach Malaysia über den Jahreswechsel war schon länger geplant. Ich wollte zum ersten Mal in meinem Leben Weihnachten und Silvester mit einem Erholungsurlaub in der Sonne und am Meer verbinden. Uwe und ich planten zunächst eine Reise nach Vietnam, bis eine Arbeitskollegin mich auf die Möglichkeiten in Malaysia aufmerksam machte. Inzwischen hat sich dies tragischerweise als absoluten Glücksfall herausgestellt, denn Vietnam leidet zur Zeit unter einer Naturkatastrophe enormen Ausmaßes und insbesondere die uns vertrauten Küstenregionen werden durch Dauerregenfälle geradezu weggespült. Mehrere Dutzend Tote sind schon durch Überschwemmungen und Erdrutsche zu betrauern.

Zum dritten Mal bekam ich die Gelegenheit einen Sonderurlaub bei meinem Arbeitgeber zu erreichen und meine Reise zu verlängern. Auch hier waren meine Pläne ursprünglich andere. Ich wollte Myanmar einen zweiten Besuch abstatten, um die Eindrücke meiner letztjährigen Reise zu intensivieren. Gleichzeitig mit den Erdbeben in Italien im August diesen Jahres bebte es jedoch auch mit einer Stärke von 7,0 in Myanmar. Fast 400 Tempel in Bagan wurden in Mitleidenschaft gezogen. Einige sind sogar eingestürzt. Ein Freund von mir unternahm, inspiriert von meinen Berichten, im Oktober diesen Jahres eine Reise nach Myanmar und riet mir ab derzeit dorthin zurückzukehren. Er befürchtete ich könne nur enttäuscht werden. Er schickte mir einige Fotos wie es aktuell vor Ort aussah (hier einige Eindrücke der BBC) und mir war sofort klar, dass er recht hatte. Nicht nur die historischen Tempel, sondern auch viele neuere Pagoden sind momentan gesperrt, mit Baugerüsten eingezäunt oder verhüllt. Man rechnet damit, dass die Restaurationsarbeiten einige Jahre andauern werden. Zumal man es dieses Mal richtig machen will um doch noch den Status eines UNESCO Weltkulturerbes zu erreichen. Bislang konnte dies nicht zugestanden werden, da nach dem letzten großen Erdbeben im Jahre 1975 die Wiederaufbauarbeiten nicht fachgerecht durchgeführt wurden.

Vor der Weltkarte überlegte ich also, wohin ich von Malaysia aus noch reisen könnte.  Indonesien fiel relativ schnell raus, da dort momentan Monsunzeit herrscht. In China, Korea und Japan ist tiefster Winter. Der Blick nach Australien sprengte sofort mein Budget. Kurz spielte ich mit dem Gedanken sowohl Angkor Wat, als auch meinem geliebten Vietnam erneute Besuche abzustatten, aber mich dürstete nach neuen Erfahrungen an neuen Orten. Also beschloss ich erste Eindrücke in Indien sammeln zu wollen.

Aber jetzt bin ich erstmal in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur angekommen.

Die Anreise war ganz wunderbar. Mein Flug von Amsterdam nach Kuala Lumpur mit der niederländischen KLM war wohl der beste Economy Flug, den ich je genießen durfte. Das Entertainment Programm mit eigenem Touchscreen war herausragend und wurde nur von der Mousse au Caramel getoppt, die auf einem Boden aus Kekskrümeln und mit Waffelsplittern garniert serviert wurde. Die vom Piloten angekündigten ‘Turbulenzen über Pakistan’ – es gibt schönere Sätze, die man in einem Flugzeug hören kann – blieben aus und so landeten wir nach 12 Stunden pünktlich in Malaysia um 16 Uhr Ortszeit.

Der Weg zu meinem Hotel nahm noch gute 2 Stunden in Anspruch und obwohl ich damit schon fast 30 Stunden auf den Beinen war – ich kann in Flugzeugen so gut wie nie schlafen – konnte ich es kaum erwarten meine ersten Eindrücke zu sammeln und machte mich auf den Weg zu den weltberühmten Petronas Zwillingstürmen.

Petronas Twin Towers

Natürlich zog es mich als Erstes hierher. Die eleganten Zwillingstürme sind weltberühmt und gehören mit ihren 452 Metern Höhe zu den höchsten Gebäuden der Welt. Im 41. Stock in 172 Metern Höhe sind beide Türme durch die ‘Skybridge’ verbunden. In den Türmen befinden sich neben unzähligen Büroeinheiten ein riesiges Einkaufszentrum, die Philharmonie Malaysia und ein Museum. Ein Park auf der Rückseite lädt vor dieser gigantischen Kulisse zum Verweilen ein.

Für die Begehung der Skybridge und eine Fahrt auf die Aussichtsplattform im 86. Stock in 370 Metern Höhe hatte ich mein Ticket glücklicherweise online vorgebucht. Täglich gibt es 1.600 Karten, die schnell vergriffen sind. In Kleingruppen wird man durch das Gebäude geführt und darf sich auf der Brücke 10 Minuten und auf der Aussichtsplattform 20 Minuten aufhalten.

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Auf der Skybridge
Auf der Skybridge
Blick auf die benachbarte Turmspitze
Blick auf die benachbarte Turmspitze

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Fehlt auch nicht im muslimisch geprägten Malaysia: der überdimensionierte Weihnachtsbaum
Fehlt auch nicht im muslimisch geprägten Malaysia: der überdimensionierte Weihnachtsbaum

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Die Hitze machte mir nicht zu schaffen. Im Gegenteil. Ein bisschen hatte ich das tropische Klima schon vermisst. Was mich jedoch besonders irritierte war das Wettrüsten mit Weihnachtsdekoration und das Beschallen mit Weihnachtsmusik. Es ist äußerst merkwürdig bei fast 40 Grad Hitze in einem muslimischen Land in den Tropen Boney M.’s Weihnachtsklassiker ‘Marys Boy Child Jesus Christ’ zu hören, während man selbst dabei ein eiskaltes Kokoswasser schlürft und die hübsche Moschee auf der anderen Straßenseite bewundert.

Am frühen Morgen lief ich aufs Geratewohl durch die Straßen und landete auf einem noch sehr ursprünglichen Morgenmarkt in einer der wenigen noch erhaltenen historischen Seitenstraßen in Chinatown. Die Gerüche waren gewöhnungsbedürftig. Das Schreien der Hühner die frisch geschlachtet wurden auch. Obwohl ich ländlich aufgewachsen bin vergesse ich doch immer mal wieder gerne um die Realitäten unsere Nahrungskette. Und trotzdem: dem lebendigen Treiben auf diesem Markt hätte ich noch Stunden zusehen können.

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Waschen und Ausnehmen der Hühner
Waschen und Ausnehmen der Hühner
Beruhigend... aber auch kein schönes Katzenleben...
Beruhigend… aber auch kein schönes Katzenleben…
Die Jalan Petaling mutiert abends zu einem Ramsch Nachtmarkt voller gefälschter Ware
Die Jalan Petaling mutiert abends zu einem Ramsch Nachtmarkt voller gefälschter Ware

Versteckt in einem Hinterhof befindet sich einer der ältesten Tempel der Stadt. Die Ursprünge des taoistischen Sin Sze Si Ya Tempel reichen bis ins Jahr 1864 zurück. Wie in den meisten Tempeln in Südostasien herrschte auch hier reges, buntes und lautes Treiben mit schönen Geräuschen und dem herrlichen Duft von Räucherstäbchen.

Versteckt im Hinterhof
Versteckt im Hinterhof

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Kleiner Vorrat an Räucherstäbchen. Gut bewacht!
Kleiner Vorrat an Räucherstäbchen. Gut bewacht!

Ich setzte meinen Spaziergang weiter fort. Kuala Lumpur war die größte Baustelle, die ich je besucht habe. Gefühlt wurde an jeder Ecke etwas gerichtet und viele Sehenswürdigkeiten waren sogar komplett geschlossen, so dass ich es irgendwann aufgab eine bestimmte Route abzulaufen. Ich lies mich einfach durch die Stadt treiben und sprang schließlich zum ersten Mal in meinem Leben auf eine ‘Hop On Hop Off’ Bus Stadtrundfahrt auf.

Am Zentralmarkt
Am Zentralmarkt
Medan Pasar (=Marktplatz). Das historische Zentrum Chinatowns, das der Modernisierung weitestgehend weichen musste.
Medan Pasar (=Marktplatz). Das historische Zentrum Chinatowns, das der Modernisierung weitestgehend weichen musste.
Kompleks Dayabumi. Eines der ersten Hochhäuser Kuala Lumpurs. 1984 erbaut.
Kompleks Dayabumi. Eines der ersten Hochhäuser Kuala Lumpurs. 1984 erbaut.
Komplett gesperrt wegen Sanierungsarbeiten. Die 1909 erbaute Jamek Moschee.
Komplett gesperrt wegen Sanierungsarbeiten. Die 1909 erbaute Jamek Moschee.
Monorail vor der Al-Bukhary Moschee
Monorail vor der Al-Bukhary Moschee
Das Sultan Abdul Samad Gebäude. Früher oberster Gerichtshof. Heute ein Ministerium. Eines der ältesten Gebäude der Stadt aus dem Jahre 1897.
Das Sultan Abdul Samad Gebäude. Früher oberster Gerichtshof. Heute ein Ministerium. Eines der ältesten Gebäude der Stadt aus dem Jahre 1897.
Gegenüber der Merdeka Square auf dem 1957 die Unabhängigkeit ausgerufen wurde.
Gegenüber der Merdeka Square auf dem 1957 die Unabhängigkeit ausgerufen wurde.

Etwas mehr Zeit nahm ich mir für die Masjid Negara, was wörtlich übersetzt ‘die Moschee des Staates’ bedeutet. Kurz: die Nationalmoschee. Sie ist eine der größten Moscheen Südostasiens in der 15.000 Gläubige Platz finden.

So richtig hatte ich noch nie eine Moschee besucht. Jedenfalls nicht mit Zeit. Und so war ich gespannt, was mich dort erwartet. Ich wurde freundlich begrüßt und gefragt, ob ich Muslim sei. Man erklärte mir auf meine Verneinung, dass ich mir die Moschee gerne ansehen, den Gebetsraum aber nicht betreten dürfe.

Was mir als erstes auffiel waren klare Linien und freie Flächen. Die, die mich näher kennen wissen, wie so etwas auf mich wirkt. Ich war fasziniert von den langen Säulengängen, den Wasserbecken, die für frische Luft und eine angenehme Geräuschkulisse sorgten, die Gartenanlagen um die Moschee und die in Sechsecken gestaltete Fassade, die das Sonnenlicht in tollen Variationen auf den Boden filterte.

Die Moschee wurde 1965 erbaut als erstes wichtiges Symbol für Malaysias Unabhängigkeit. Das Hauptdach soll einen Regenschirm symbolisieren. Das Minarett ist 73 Meter hoch.

Nicht leicht zu fotografieren: die Nationalmoschee mit dem als Regenschirm gestalteten Dach
Nicht leicht zu fotografieren: die Nationalmoschee mit dem als Regenschirm gestalteten Dach

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Nur für Muslime: der Gebetsraum
Nur für Muslime: der Gebetsraum

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Ein freiwilliger Helfer informierte mich ausführlich über die Grundlagen des Islam und überschüttete mich regelrecht mit Informationsmaterial. Ich weiß nicht, ob das eine malaysische Eigenschaft ist… Auch in buddhistischen Tempeln und christlichen Kirchen standen Tonnen von Broschüren parat. Von Flyern über Audio CDs und DVDs bis hin zu ganzen Büchern, die kostenfrei mitgenommen werden konnten.

Gefühlt war das nächste Tropengewitter schon wieder überfällig und ich machte mich auf den Weg zum KL Tower, um mir Kuala Lumpur aus 300 Metern Höhe anzusehen.

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Zentralmoschee und Kompleks Dayabumi von oben
Zentralmoschee und Kompleks Dayabumi von oben
Kein Job für mich... Glasböden in 300 Metern Höhe putzen...
Kein Job für mich… Glasböden in 300 Metern Höhe putzen…

Eines der schönsten Dinge in Südostasien ist das Abendessen auf der Straße. Sobald die Sonne untergegangen ist füllen sich die Lokale und die Streetfood Märkte. Ich hatte gottlob mit der ‘Jalan Alor’ eine DER kulinarischen Straßen in Laufweite von meinem Hotel und konnte mich endlich mal wieder so richtig austoben und meinen Besuch in Kuala Lumpur an meinem letzten Abend gemütlich ausklingen lassen.

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