Meditation in Rangun

Eigentlich hatte ich mir für meinen letzten Vormittag in Rangun noch einige Sehenswürdigkeiten heraus gesucht, die ich in einem strammen Spaziergang abgehen wollte. Doch ich habe die Rechnung ohne Buddha gemacht. Und ohne den 72jährigen U Mye Oung, der mir einige versteckte Winkel der Stadt zeigte und mir beibrachte, wie man richtig meditiert. Entschleunigt in Rangun.

Als ich gegen 9 Uhr das Hotel verließ hatten die morgendlichen Temperaturen schon fast die 30 Grad Marke erreicht. Ich widerstand den Versuchungen meines Taxifahrers mich zu einem Tagesausflug zu überreden und startete meine Tour an der Chauk Htat Gyl Pagode um eine der größten Buddhafiguren des Landes zu sehen.

Der in einer offenen Halle liegende Buddha ist 72 Meter lang und gut 18 Meter hoch. Er wurde 1907 erschaffen.

DSCN8517 DSCN8534 DSCN8536 DSCN8538 DSCN8544 DSCN8555 DSCN8561 DSCN8572

Auf der anderen Straßenseite erblickte ich die in Reiseführern kaum erwähnte Ngadatkyi Pagode. Ich beschloss ihr einen Besuch abzustatten. Und da ich keine Lust hatte meine Schuhe schon wieder an- und auszuziehen machte ich es einfach wie viele Einheimische und wagte mich barfuß in den Straßenverkehr.

DSCN8576

In der Halle erwartete mich eine gut 10 Meter große, sitzende Buddhafigur und eine unglaublich schöne Atmosphäre. Eine leichte Brise wehte durch die Pagode, Vögel sangen, Gläubige murmelten ihre Gebete vor sich hin und die Luft war mit dem herrlichen Duft von Räucherstäbchen geschwängert. Dann und wann wurden Glocken geschlagen. Ich konnte nicht anders als Platz zu nehmen und diesen stillen, friedlichen Moment in einer Meditation zu genießen.

DSCN8586 DSCN8587DSCN8580Nach einer guten Stunde – meine ursprünglich geplante ‘So viel wie möglich sehen’ Tour war mir inzwischen von Herzen egal – schaute ich mich noch ein wenig in der Pagode um. Mit Hilfe von Bildern und Figuren wurden einige Stationen im Leben Buddhas nachgebildet. Am Bildnis wie Buddha seine Erleuchtung unter dem Bodhi Baum erlangt sprach mich der 72jährige U Mye Oung an, ob ich wüsste, was dies bedeuten würde. Ich bejahte und erklärte ihm, dass ich mich schon seit einiger Zeit mit dem Buddhismus befasse.

Als ich mich als Deutscher zu erkennen gab, erzählte er mir begeistert, dass einer seiner Lehrmeister ein Deutscher gewesen sei, als er selbst noch Mönch im angeschlossenen Jade Kloster war.  Ein Herr namens Frederik, der inzwischen 80 Jahre alt sei und nun in einem Kloster an der Shwedagon Pagode lebe.  Meister Frederik habe ihm sogar einen deutschen Namen verpasst: Alexander. Ich musste schmunzeln.

Alexander also lud mich ein, mir das angeschlossene Kloster zu zeigen und so folgte ich ihm barfuß über Stock und Stein und bekam etwas anderes zu sehen als ich erwartet hätte.

Die wilde Ansammlung von Gebäuden ist, wie man es so oft in Rangun beobachten kann, teils in einem abbruchreifen Zustand, zum Teil aber auch relativ neu. Vor allem aber hätte ich kein buddhistisches Kloster in alten Kolonialbauten erwartet. Es scheint ein Meditationszentrum zu geben, in dem man zehntägige Kurse belegen kann. Dafür benötigt man sogar ein spezielles Meditationsvisum von der Botschaft in Berlin.

In einer kleinen versteckten Ecke gab es einen herrlichen Postkartenblick auf das Heiligtum des Landes, die Shwedagon Pagode.

DSCN8599
Auf dem Klostergelände
Durian Früchte. Auch bekannt als Stink- oder Käsefrucht.
Durian Früchte. Auch bekannt als Stink- oder Käsefrucht.

 

DSCN8606 DSCN8603 DSCN8602

Blick auf die Shwedagon Pagode
Blick auf die Shwedagon Pagode

DSCN8613DSCN8612U Mye Oung berichtete mir stolz, dass er seit 40 Jahren drei Mal täglich für eine Stunde meditiert und wie ihn das körperlich und geistig fit hält. Als ich erwähnte, dass ich auch meditiere, aber drei Stunden pro Tag auf gar keinen Fall schaffe, lachte er herzlich und bot mir an zu zeigen, wie es richtig geht. An dem kleinen Schrein, an dem er täglich betet, entzündeten wir gemeinsam Räucherstäbchen. Schließlich nahm er seine Gebetskette vom Handgelenk und erklärte mir, wie man damit betet. Wir übten es gemeinsam und im Anschluss schenkte er mir die Kette, was mich sehr rührte. Ein persönlicheres Erinnerungsstück an diesen besonderen Vormittag kann ich mir kaum vorstellen.

DSCN8617
Der Schrein, an dem mein Begleiter täglich betet

DSCN8623

U Mye Oung alias Alexander
U Mye Oung alias Alexander
Mit einem Novizen. Ich habe ihm versprochen die Fotos per Post zu schicken
Mit einem Novizen. Ich habe ihm versprochen die Fotos per Post zu schicken

U Mye Oung brachte mich noch ein Stück des Weges und lud mich auf dem Markt seine Viertels zu einer Limonade ein. Und so fand ich mich plötzlich auf einem viel zu kleinen Plastikhocker wieder mit einer nicht näher definierbaren, giftgrünen Brause und plauderte noch ein wenig, während mich burmesische Kinder neugierig beäugten…

Und da war es schon wieder… Das Glück des Reisens…

 

3 Gedanken zu „Meditation in Rangun“

  1. Weisst Du, ob diese Kolonialbauten umfunktioniert wurden als Kloster, oder sind sie von vornherein als Solches konzipiert gewesen?

    1. Das hab ich leider nicht erfragt, liebe Elisabeth. Für mich sahen die Kolonialbauten so offensichtlich nach Wohnhäusern aus, dass ich niemals auf die Idee gekommen wäre es könnte auch als Kloster konzipiert worden sein. Also hast Du jetzt den Auftrag das im Juli rauszufinden 😉

  2. Das mit der Gebetskette ist der totale Gänsehautmoment! Und ich hatte leicht Tränen in den Augen. Toller Moment.

Kommentare sind geschlossen.